Geschichte lädt zum Nachdenken ein, Geschichte kann auch begeistern. Diesmal ist es Sportgeschichte. Ein Museum macht uns stolz, nein eigentlich kein richtiges Museum, dafür aber eine Ausstellung mit dem viel versprechenden Titel „In Bewegung – Meilensteine der Leipziger Sportgeschichte“. Diese Ausstellung zeigt lupenartig die vielseitige Entwicklung des Sports in unserer Heimatstadt. Lupenartig deshalb, weil 250 Ausstellungsstücke eine Riesensammlung von 100 000 Sportobjekten vertreten, die für ein richtiges Leipziger Sportmuseum zur Verfügung ständen. Aber immerhin ein Wink mit dem Zaunspfahl, eine Aufforderung zu stolz machender Traditionspflege.
Und das war dann auch der Grundtenor der Eröffnungsveranstaltung am 27. März 2018 in dem eher altehrwürdigen als sportlichen Festsaal des Alten Rathauses. Man hört erstaunt und sehnsüchtig, was Herr Dr. Volker Rodekamp als Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums sagt: „ Ich hoffe, dass die Ausstellung wichtige Impulse setzt und wir spätestens nach 30 Jahren wieder ein Sportmuseum bekommen.“ Zur Eröffnung wurde daran erinnert, welch große Sporttraditionen Leipzig eigentlich hat. Hier standen die Wiegen vieler moderner Sportarten. In Zukunft sollen 22 Erinnerungsstationen im ganzen Stadtgebiet darauf aufmerksam machen, zunächst an der Sporthalle Leplaystraße für das Turnen und am Fockeberg für die Gründung des organisierten Fußballs. Es ist schön, dass nichts ausgelassen werden soll, weder Turnen, Leichtathletik, Radsport, Schwimmen oder Fußball, schon gar nicht Kegeln, Tennis, Boxen oder Reiten. Es gab in Leipzig Sportvereine für die etablierten Bürger, aber vor allem auch für die Arbeiter in ihren Schrebergartensiedlungen.
Geschichte ist auch das Fundament der Gegenwart. Die wurde während der Veranstaltung mit einem bunten Strauß sportlicher Vorführungen und Präsentationen durch Gymnasten, Akrobaten, Skisportler, Judokas, ja sogar Inline-Skater und Sportschützen vorgeführt. Das war so recht nach dem Geschmack des sport- und traditionsbegeisterten Publikums. Das ist Werbung für den erlebbaren Sport in seiner Vielfalt. Sogar Ringelnatz und die etwas entfremdete Lene Voigt wurden bemüht und begeistert in die Leipziger Sportgeschichte eingeordnet.
Während der Ausstellungseröffnung erfuhr man, dass heute in Leipzig 401 Sportvereine in 15 Fachverbänden und mit 98710 Mitgliedern gezählt werden. Ein Grund mehr für stolze Traditionspflege mit liebevoll bestickten Uraltfahnen, Pokalen, Siegerurkunden und vielen Fotos. Auf derartige Erinnerungsstücke will man es – so die Kuratorin Dr. Gerlinde Rohr bei der Vorstellung des Konzeptes – aber weder in der jetzigen Ausstellung noch beim zu installierenden Museum beschränkt wissen. Im Gegenteil, digitale Moderne ist gefragt, interaktiver Museumsbesuch. Und beim Sport muss sich was bewegen, muss man spielen und sich anstrengen können. Die gerade eröffnete Ausstellung will das schon mal vorführen.
In der Eröffnungsveranstaltung betonten, geradezu enthusiastisch, alle drei Redner – neben Museumsdirektor Rodekamp noch Kulturbürgermeisterin Dr. Jennicke und Sportbürgermeister Rosenthal – die Bedeutung Leipzigs als Sportstadt, die Reputation des Sports über unsere Stadt hinaus. Das erreicht man freilich nicht nur durch Hinweise auf frühere Turn- und Kegelvereine, mögen sie noch so bedeutsam gewesen sein. Die Hervorhebung der Tradition des Breitensports ist gewiss ein richtiges Konzept, aber Breitensport ist eben auch die Voraussetzung für den Spitzensport, der dann international zählt.
Die Redner hätten sich durchaus getrauen dürfen, auch auf die bedeutsamen Traditionen und Erfolge aus dem DDR-Sport hinzuweisen. Da gab es nämlich nicht bloß Doping, wie generell unterstellt, sondern Schweiß und Training. Wichtige Leipziger Sportclubs verdienen da wohl ihre Beachtung wie SC DHfK, SC Leipzig, Lok Leipzig und auch die BSG Chemie Leipzig sowie die Sportschützen. Und auch die unübertroffenen Leipziger Sportfeste dieser Zeit kann man nicht bloß unter Propaganda abtun.
Jedenfalls haben wir jetzt in Leipzig eine hochinteressante Sportausstellung, die sehens- und erlebenswert ist und hoffentlich weitere Versprechungen hin zu einem umfassenden Sportmuseum aufnehmen und realisieren helfen wird.
Hannelore Röhr
Karl-Heinz Röhr
Die Fotos zeigen die Eröffnung der Ausstellung “In Bewegung – Meilensteine der Leipziger Sportgeschichte“ am 27. März 2018 im Festsaal des Alten Rathauses, das Spalier der Sportler zum Haus Böttchergäßchen des Stadtgeschichtlichen Museums und erste Einblicke in die dort gezeigte Ausstellung.
Wir bedanken uns herzlich beim Fotografen Armin H. Kühne.
Lesen Sie auch zwei Pressebeiträge zur Eröffnung und zur Ausstellung:
Kreuzer Leipzig:
„Gegen die Kommerzialisierung des Sports“ – Die Ausstellung „In Bewegung“ zeigt Zusammenhänge von Sport, Politik und Stadt
Mitteldeutsche Zeitung:
Ausstellung zur Sportstadt Leipzig: Motorradrennen im Park